Ein Abend, vier Personen, sechs Räume - in sich geschlossen und doch durch einen roten Faden miteinander verbunden. FADE\OUT handelt von Kontrolle, von unserer ganz eigenen Auseinandersetzung damit, mal bewusst, mal unbewusst.
Entstanden ist ein audiovisuelles Erlebnis, geformt durch verschiedenste künstlerische Mittel. Von Lichtinstallationen über Audio und Video bis Performance wird Kontrolle lebendig bearbeitet. Ist Kontrolle immer schlecht, oder hat sie auch gute Seiten? Könnten wir als Individuen, könnte unsere Gesellschaft ohne Kontrolle funktionieren? Was passiert, wenn die Kontrolle Überhand gewinnt? Und wie fühlt sich Kontrollverlust an?
Die Lösung auf diese Fragen ist so individuell wie wir. Darum hat jede Einzelne des Teams ihren eigenen Raum gestaltet, einige jedoch auch zusammen. Die erzählten Geschichten versuchen wir dabei nicht zu werten, sie sind vielmehr Teil eines fluiden Erlebnisses mit positiven wie negativen Seiten. Wir beleuchten unterschiedliche Aspekte, die eine dramaturgische Einheit bilden sollen: vom Kontrollverlust, wenn man zu lange wartet, über das völlige Ausrasten bis hin zur Entspannung. Von Raum zu Raum verändert sich die Stimmung. Lasst euch mitreißen vom FADE\OUT.
Von und mit: Mehrnoosh Esmaeilimatin, Fanny Schücke, Fiona Grün, Nastia Shtemenko
Bitte beachten Sie die Hinweise zum Hygienekonzept der Studiobühne.
programmheft
1 \ warteraum \ Mehrnoosh
Warten im Angesicht der Ungewissheit. Warten im Angesicht des Kontrollverlusts. Warten im Angesicht der Vergeblichkeit...
Dieser Raum ist die Darstellung einer außergewöhnlichen Erfahrung nach dem plötzlichen Auftreten einer Ticstörung. Der Raum ist eine Mischung aus drei verschiedenen Räumen in einer psychiatrischen Station, nämlich dem Wartebereich, dem Essbereich und dem Patientenzimmer, gepaart mit Zeichnungen, die bestimmte Assoziationen zu den Objekten im Raum haben. Die verschiedenen Positionen stehen für die verschiedenen Gefühle, die mit dem Warten verbunden sind.
Alle Zeichnungen dürfen betrachtet, angefasst und aufgehoben werden.
2 \ alles in ordnung \ Nastia
Alles in Ordnung. Alles in Ordnung. Alles in Ordnung… Dieses Zimmer ist wie eine Person, die vorgibt, dass es ihr gut geht, dass alles passt - obwohl sie innerlich die Kontrolle verliert. Nach außen hin scheint alles in Ordnung zu sein. Alles in Ordnung. Alles in Ordnung. Alles in Ordnung. Doch das ist nur Fassade.
Gerne können die Sitzmöglichkeiten genutzt werden. Es liegen zwei Hefte bereit: eins, um einer fremden Person eine aufbauende Nachricht zu hinterlassen und eins, um Kummer, Frust, Zorn oder ein anderes Gefühl loszuwerden.
3 \ Rage \ fiona
Alles ist sofort und auf einmal. Alles passiert gleichzeitig und alles verschwimmt zu einem, was ist das Eine, was das Andere? Kaum mehr zu erkennen. In diesem Raum gewinnt die Kontrolle überhand. Es ist das Gefühl, das mich überkommt, wenn der Druck alles im Griff zu haben mich beherrscht. Gedanken sind keine Gedanken mehr, sondern ein nicht abreißen wollender, unzusammenhängender Textstrom, der rasant auf einen gefährlich tiefen Wasserfall zurast. Körper und Geist sind permanent in Alarmbereitschaft, alles was ich tue ist automatisiert. Ich sehe nicht mehr, ich nehme nur noch wahr. Und das, was ich wahrnehme wird von einer dünnen, schleierartigen Aura umhüllt. Gesichter zeigen keine Emotion, sondern sind nurmehr bedeutungslos verzerrte Fratzen. Ich fühle Wut und Enttäuschung und Angst. Angst vor Kontrollverlust und davor, meinen eigenen Ansprüchen nicht zu genügen. Alarmstufe rot.
Die Handlungsanweisungen in diesem Raum dürfen gerne befolgt werden.
X \ Der Übergang \ Victoria, Nastia, Fiona
Kontrolle hat viele verschiedene Facetten. Die Übergänge zwischen ihnen sind mal fließend, mal abrupt und messerscharf. Oft spiegelt der menschliche Körper ganz sichtbar unsere Reaktionen und inneren Vorgänge: wir wehren uns, rasten aus, akzeptieren oder entspannen uns.
Alle Fotografien sind von der Fotografin Victoria Jungblut. Ein Teil davon wurde speziell für FADE\OUT angefertigt, einige der Fotos stammen aus Victorias Archiv.
4 \ Loop \ Fiona, Nastia
Nicht immer ist Kontrolle gut, nicht immer ist Kontrolle schlecht. Wie reagieren wir auf gegebene Umstände? Wehren wir uns oder passen wir uns an? Für diesen Raum haben wir mit einer Loopmaschine Geräusche aus den einzelnen Ausstellungsräumen aufgenommen. Während der Performance werden daraus improvisierte Klangteppiche entstehen. Zusätzlich experimentieren wir mit Textbausteinen und Tönen, die wir mit den Themen der unterschiedlichen Räumlichkeiten assoziieren. Ganz frei und immer ein wenig anders!
Insgesamt werden fünf Klangteppiche, die jeweils 1-3 Minuten dauern, zu hören sein. Sie können sich gerne alle anhören und dafür neben uns Platz nehmen - fühlen Sie sich frei sich zu setzen oder hinzulegen und die Töne auf sich wirken zu lassen.
5 \ Videoinstallation \ Fanny
Wie fühlt es sich an, wenn du keine Kontrolle mehr über deine Sinne und dein Ich-Gefühl hast. Wie fühlt es sich an, wenn sich dein Ich auflöst. Wie fühlt es sich an den Bezug zur Realität zu verlieren. Die Installation in diesem Raum beschäftigt sich mit Momenten in denen ich genau diese Kontollverluste erlebt habe. Setzen Sie sich hin und schauen Sie in meinen Kopf und meine Gefühlswelt.
Die Zettel im Raum dürfen aufgehoben, verschoben und mitgenommen werden.
6 \ Wolke \ Alle
یه نسیم لطیف و خنک احساس میکنم. منو میلرزونه. صدای خش خش برگا و درختا به گوش میاد. بهشون گوش میدم. قطره ها از روی برگا توی گودی ها میریزن.
\ Ich spüre einen sanften, kühlen Luftzug, er macht mich frösteln. Und er macht, dass die Blätter in den Bäumen rauschen. Ich höre ihnen zu. Von den Blättern fallen Tropfen in Pfützen. \ Я відчуваю легкий прохолодний вітерець, він викликає у мене тремтіння. І від нього шелестить листя на деревах. Я слухаю їх. Краплі падають з листя в калюжі.
Machen Sie es sich gemütlich, wie früher, wenn man als Kind ein Hörbuch gehört hat oder einem ein Märchen vorgelesen wurde. Die Texte sind auf persisch, deutsch, ukrainisch und englisch zu hören.
Das Team bedankt sich ganz herzlich bei…
\ Sarah für die Mitarbeit am Text über die Wolke.
\ Victoria Jungblut für die Fotos innerhalb der Ausstellung und vom Projekt.
\ Alexandra Paal, Paulina Platzer und Sophie Gigou für den Abenddienst.
\ Hermann Hübner für Licht, Ton und Aufbau.